Meine Schwester ist dieses Jahr nach Singapur und Vietnam gereist, mit Freund und Freunden im und Gepäck. Bene, einer der Gefährten, hat während und nach der Reise fleißig über das Gesehene und Erlebte geschrieben. Und weil die Geschichten es wert sind gelesen zu werden, möchte ich sie mit euch teilen. Part Eins der Reise beginnt jetzt!
Text und Fotos von Benedikt Paulus
Was ist eigentlich ein Kulturschock? Die oberflächliche Recherche auf einer beliebten Internetseite, deren Namen an einen klugen Jungen mit rotem Haar und gehörntem Helm erinnert, deutet darauf hin, dass es sich um ein psychologisch intensiv ausgeschlachtetes Thema handelt. Und nicht nur um eine inflationär gebrauchte Floskel von Ballermann-Neulingen. Dementsprechend bekommt man glatt Hemmungen, das Wort wieder in den Mund zu nehmen, da man fürchtet, es könnte sich um eine ernsthafte Krankheit handeln und man könnte einem armen Kulturgeschockten zu nahe treten. Ähnlich wie „ich sterbe vor Lachen“ oder „du hast mich zu Tode erschreckt“. Was sollen denn die WIRKLICH Toten dazu sagen? Die wären geschockt.
Singapur: eine ganz normale Großstadt?
Aber erst mal hinkommen. Ein klassischer Startpunkt für eine solche Reise ist in Mitteleuropa bekanntlich der Frankfurter Flughafen. Die exotisch gekleideten Damen und Herren von Singapore Airlines hatten die Ehre, uns vier Reisewütige die gut 10.000 km nach Südosten zu befördern und zu verhätscheln. Wir, das sind Lischen, Patti, Sonia und ich.
In aller Herrgottsfrühe betraten wir schließlich singapurischen Boden. Nach einem kurzen Stopp im Hotel führte uns unsere erste Expedition zum Fort-Canning-Park, welchen wir über eine – ja – Rolltreppe erreichten. Karstadtatmosphäre im saftig grünen Tropenwuchs. Wir flanierten unter Palmen und anderen gigantischen Pflanzen und staunten über die eine oder andere exotische Tierart: Agamen, Eichhörnchen, Tauben und Moskitos.
Trotz der Größe der Stadt wirkte Singapur nicht übermäßig hektisch oder laut. Beeindruckt hat uns aber vor allen Dingen die Sauberkeit. Unterführungen, die hierzulande meist heftig nach allem Möglichen stinken und auch meist wenig vertrauenserweckend wirken, sehen dort aus wie geleckt und sind teilweise sogar klimatisiert. Stichwort: Dreck machen ist nach Beschilderung „Forbidden by law!“ Der Straßenverkehr, selbst das Fahren mit der U-Bahn, läuft ruhig und geordnet ab, durchaus untypisch für eine Millionenstadt dieses Kalibers.
Mit dem Fahrstuhl auf 200 Meter Höhe
Für Tag zwei hatten wir uns als erstes Ziel die armenische Kirche auserkoren, das erste Steingebäude Singapurs, erbaut 1835. Bereits auf dem Weg dorthin brannte uns die Sonne auf die mangelhaft geschützten Nacken und Nasen. Generell lässt sich zum Klima sagen: Nachts kühlt es kaum unter 30°C ab und die Luftfeuchtigkeit ist genauso ambitioniert wie die ganzen Geschäftsleute und gibt fast immer 100 %. Unser Weg führte uns weiter am Dalhousie Obelisk und an der Victoria Theatre & Concert Hall vorbei, über die Anderson Bridge und durch den Schatten des beeindruckenden Fullerton Hotels. Bis hin zur letzten großen Kreuzung vor den Meerlöwen – alte Wahrzeichen Singapurs, ein Zwischending aus Simba und Arielle. An jeder Kreuzung wird übrigens mit Hilfe von ausführlichen Zeichnungen darum gebeten, vor dem Überqueren der Straße doch auf den „Green Man“ zu warten. Welcher sich dann mit einem freudigen Laser-Schießgeräusch ankündigt und fortan die Grünphase mit einem rhythmischen Glucksen begleitet.
Weiter ging es am Ufer entlang und zwischen Häuserschluchten hindurch ins Marina Bay Sands, dem neuen Wahrzeichen Singapurs. Das imposante Hotel ist einigen vielleicht schon als typisches Postkarten-Motiv bekannt. Die beeindruckende Architektur und die gewaltige Lobby sind auf jeden Fall einen Besuch wert. Wir stiegen kurzerhand in einen Fahrstuhl, der uns bis nach oben in den 57. Stock brachte, runde 200 Meter über dem Meeresspiegel. Zum eigentlichen Wunschziel, dem Infinity Pool, kamen wir nicht. Vielleicht hätten wir unsere Idee, die Schmiere stehende Hotelangestellte zu schmieren, in die Tat umsetzen sollen. Nichtsdestotrotz kann man von oben eine fantastische Aussicht genießen und den ein oder anderen sündhaft teuren Cocktail schlürfen, während man den Blick über die Skyline der Stadt schweifen lässt. Wieder unten, gelangten wir durch Schleichwege auf der Rückseite des Hotels in die Marina Bay Gardens, eine Art Parkanlage der Superlative mit dutzende Meter hohen, künstlichen Bäumen.
Haifischflossen und der Singapore Sling
Am dritten Tag standen Little India und Chinatown auf dem Plan. Obwohl uns die Hitze zu schaffen machte, bissen wir die Zähne zusammen und wanderten durch die unterschiedlichsten Stadtviertel. Unterwegs staunten wir über üppig bepflanzte Hochhäuser und betraten als letzte Etappe das chinesische Viertel. Ein Fußgängerüberweg führte uns über die Straße mitten in eine Art Basar, aus dem wir erst wieder einen Ausweg suchen mussten, bevor wir einen örtlichen Supermarkt besuchten. Wir schlenderten durch die Gänge, in denen allerlei Gaumenschmäuse zum Verkauf feilgeboten waren, etwa getrocknete Haifischflossen oder sonstige fischige Widerlichkeiten. Im Anschluss besichtigten wir einen hinduistischen Tempel, den Sri Mariamman Temple. Den Damen wurden knie- und schulterbedeckende Tücher gereicht, Schuhe mussten draußen bleiben.
Als luxuriösen Höhepunkt des letzten Abends hatten wir uns vorgenommen, im ältesten Hotel der Stadt, dem Raffles, Geburtsstätte des Singapore Sling, einen solchen zu trinken. Der schicken Atmosphäre in der Hotelbar zollten wir mit langen Hosenbeinen Respekt, während die Unmengen an Erdnussschalen auf dem Boden unseren guten Willen fast ein wenig verhöhnten. Trotz allem Schickimicki wirft man hier die Schalen der Nüsse, die man kostenlos zum Getränk bekommt, sorglos auf den Boden. Geschmacklich waren die drei Sling-Varianten sowie der Cosmopolitan nicht die Krone der Schöpfung, aber man muss es mal gemacht haben und dafür hatten wir hier mit Abstand die freundlichste Bedienung der ganzen Stadt erwischt.
Der nächste Morgen begann mit Frühstück und Koffer packen, denn das Ende unseres Singapur-Aufenthaltes stand an. Den Weg zum Flughafen wollten wir diesmal mit der U-Bahn zurücklegen. Anfängliche Startprobleme (Getränkebecher in der U-Bahn: „forbidden by law“) oder das vergebliche Warten auf eine Linie, die gar nicht an unserer Station fährt, überstanden wir unbeschadet und gelangten schließlich wieder zum Changi Airport. Schon kurze Zeit später zogen unter uns vereinzelte Inseln des Südchinesischen Meeres vorbei, bevor wir durch diverse Turbulenzen und Schlechtwetterzonen unseren Weg Richtung Hanoi, Vietnam fortsetzten.
Singapur kurz und knapp
Imposante Gebäude, exotisches Essen (für die Mutigen: esst Durian)*, abwechslungsreiche und bunte Stadtviertel, Sauberkeit und Ordnung. Ein Besuch Singapurs lohnt sich definitiv. Zwischen eher westlich anmutendem Luxus und fernöstlicher, exotischer Kultur kann man die Zeit in der noch jungen Stadt problemlos totschlagen. Kleiner Tipp: 2019 wird sie 200 Jahre alt. Vielleicht ein interessanter Zeitpunkt für einen Besuch?
*Eine große, grüne, stachelige Frucht, die im asiatischen Raum als Delikatesse gilt. Der Geschmack erinnert unserer Erfahrung nach (wir haben nur Durian-Eis probiert) an zwieblige Kohlrouladen. Aufgrund ihres extremen Geruchs ist sie in der U-Bahn sogar verboten.
Vielen, lieben Dank an Bene für die Einblicke in eure Reise durch Singapur! Ihr könnt gespannt sein, was euch im nächsten Teil zu Vietnam erwartet.
Toller Beitrag und schöne Fotos 🙂
Ganz lieben Dank, das freut mich sehr! :))
Hallo,
ich wurde vor ein paar Tagen von GREENiki für den Blogger Recognition Award nominiert.
Hiermit gebe ich die Nominierung an dich weiter, weil ich deinen Blog einfach super finde!
LG Jacky
Hier findest du noch weitere Informationen zu deiner Nominierung:
https://veganandlife.blog/2017/11/12/blogger-recognition-award/
Liebe Jacky,
vielen vielen Dank! Das ist ein großes Kompliment und ich freu mich sehr! Ich kann noch nicht versprechen, wann ich einen Beitrag zu dem Award verfassen kann, aber bis hierher schon mal ein großes Dankeschön! 🙂
Liebste Grüße und einen schönen Abend
die Alex
Danke sehr fürs Mitnehmen!
Ein schöner Bericht
Ooos Anonymus..was ist da passiert
Ich weiß auch nicht, aber jetzt hat es funktioniert. Danke für den Kommentar! 🙂
Einmal nach Singapur wäre schön, ein toller Bericht
LG Andrea
Vielen Dank, Andrea! Ja, ich habe bei Benes Erzählungen auch große Lust bekommen hinzureisen. Spannender Staat!
Liebe Grüße, Alex
Toller Bericht liebe Alex und ja, in fernöstlichen Ländern ticken die Uhren im Bezug auf Essgewohnheiten doch ganz anders. Die machen sich nicht unsere Gedanken, von wegen Umwelt und Tierwohl, aber eine Nacht in Singapur wäre mal was 😉
… und wenn schon, dann im Marina Bay Sands, was? 😉 Das wäre sicher was, aber ich würde lieber länger als nur eine Nacht bleiben und herausfinden, wo die Uhren noch anders ticken und wo vielleicht doch ähnlich.
Danke für den Kommentar, Arno, und liebe Grüße an dich!