Oderberg, Brandenburg
Herzklopfen und rasende Atmung, während wir durch die wilden Gewässer Brandenburgs paddeln. Na gut, nicht ganz. Eigentlich das genaue Gegenteil. Letzten Sommer habe ich mich zum ersten Mal in ein Kanu gesetzt und wir sind die Wriezener Alte Oder entlanggepaddelt. Tiefenentspannt und umgeben von Natur, über uns die Störche, neben uns mal Schwäne, mal Enten, mal Kühe. An dieser sehr schönen Erfahrung möchte ich euch rückblickend durch ein paar Eindrücke teilhaben lassen.
Ich bin in einem Dorf in Brandenburg mit 700 Einwohner*innen aufgewachsen. Hinter unserem alten Haus gibt es nichts als Wald, 200 Meter davor einen Kuhstall, direkt an der Alten Oder. Keine zehn Gehminuten entfernt befindet sich ein kleiner See, an dem Kindergeburtstage gefeiert und im Schlauchboot entspannt wurde. Als Kind habe ich es gar nicht als so idyllisch wahrgenommen, jetzt bin ich sehr dankbar, an diesem ruhigen Ort aufgewachsen zu sein. Letzten Sommer sind wir für einen etwas anderen Familienausflug zurückgekehrt.
Wie man sich Brandenburg vorstellt
Über einen Kanuverleih in Oderberg haben wir uns ein Kanu geliehen, das wir praktischerweise an unsere gewünschte Startstelle fahren lassen konnten – nämlich an den besagten See aus meiner Kindheit. Bei fantastischem Wetter haben wir das Kanu auf die Alte Wriezener Oder gleiten lassen und sind reingehüpft (so elegant wie es aussieht, wenn man zum ersten Mal in ein wackliges Boot steigt). Nach anfänglicher Unsicherheit darüber, ob das Kanu auch wirklich nicht plötzlich umkippen könnte, und dem Ausjustieren, wer wo sitzt, entfernten wir uns langsam vom Ufer. Und dann war ich doch sehr schnell sehr entspannt.
Wir saßen zu dritt im Boot. Lenken und Vorankommen funktionierte leichter als erwartet, obwohl wir sicher weit entfernt waren von einer professionellen Technik. Da wir aber nicht in Eile waren, war ein perfekt aufeinander abgestimmter Rhythmus nicht notwendig. Insgesamt sind wir ganz bequem gepaddelt, das heißt, wir waren nicht non stop an den Paddeln, haben uns auch einfach mal treiben lassen, aber geschnarcht wurde auch nicht. So kamen wir gut vorwärts und hatten genügend Zeit, die Natur und Details am Ufer zu entdecken. Anderen Booten sind wir nur vereinzelt begegnet, dafür haben wir sehr viel mehr Tiere als Menschen gesehen, die die schöne brandenburgische Umgebung und das fantastische Wetter zusammen mit uns zu genießen schienen.
Picknick-Pause im Grünen
Vor Beginn einer Kanutour sollte man sich den Verlauf des Flusses bzw. der Kanäle am besten einmal anschauen. So kann man nicht nur die eigene Route planen und ein Gefühl für die Strecke bekommen, sondern im Vorfeld schon mögliche Anlegestellen ausmachen, zum Beispiel für eine Picknick-Pause. Die haben wir eingeplant, um an einem passenden Spot auf halber Strecke den Rest der Familie zu treffen, der die Gegend erst ein wenig zu Fuß erkundet hat und dann flexibel mit dem Auto zum abgesprochenen Treffpunkt kommen konnte. Der Flussabschnitt, auf dem wir unterwegs waren, hatte glücklicherweise keine wirklichen Abzweigungen, in denen wir uns hätten verfahren können. Deswegen konnte das geplante Zusammentreffen inklusive Picknick ohne Komplikationen stattfinden.
Dann saßen wir da, knapp 20 Jahre nach unserem Umzug aus dem 700-Einwohner*innen-Dorf in die größte Millionenstadt Deutschlands, wieder im Grünen. Es ist doch immer erstaunlich, dass die Zeit an diesen gegensätzlichen Orten scheinbar unterschiedlich schnell vergeht. Auf jeden Fall tat und tut es mir gut, das Stadtleben mal zu verlassen und zu entschleunigen.
Nach der Pause ging es für uns drei wieder ins Kanu und Richtung Verleih-Station, wo wir das Kanu abgegeben und unsere Tour beendet haben. Wir waren insgesamt etwa einen halben Tag unterwegs.
Kanu, Kajak, Kanadier?
Spätestens wenn man selbst in einem solchen Boot gesessen hat, fragt man sich wohl: Was war das eigentlich? Häufig wird in der Umgangssprache zwischen Kanus und Kajaks unterschieden, wenn eigentlich Kanadier und Kajaks gemeint sind. Denn diese beiden verschiedenen Arten gehören zu dem Bootstyp Kanu. Das heißt, ein Kajak – in dem man tief sitzt, geschlossen und mit Doppelpaddel ausgestattet – ist immer auch ein Kanu. Dieses ist eher schmal und sportlich und auch für Wildwasser geeignet. Auf unserer Tour in Brandenburg waren wir in einem Kanadier unterwegs – ein offenes Kanu, in dem man kniet oder sitzt und mit einem Stechpaddel (nur ein Blatt) paddelt. Da es mitunter viel Stauraum bietet, ist es für längere und gemütlichere Fahrten geeignet.
Meine erste kleine Tour auf der Alten Oder hat mich genau dazu total motiviert – mal einen längeren Kanu-Ausflug zu machen, vielleicht sogar mit Camping-Ausrüstung. Mal sehen, wo sich diesen Sommer noch Entschleunigung oder Abenteuer – oder beides – realisieren lassen.
Bis dahin, macht’s gut und bleibt gesund
eure Alex