Danzig, Polen
Man hat es fast vergessen, aber als sich letzten Sommer die Corona-Lage etwas beruhigt hatte, war es tatsächlich möglich, fast ganz normal zu verreisen. Für mich führte diese einzige Reise 2020 nach Danzig, Polen.
Denkt man an die schöne, knapp 470.000-Einwohner-Stadt, fallen einem sehr schnell Motive ein, die viele Postkarten in polnischen Souvenirläden schmücken: Schmale, bunte Fassaden. Auf zahlreichen Straßen sieht man Besucher*innen der Stadt, die ihre Handykameras auf Häuserreihen richten und sich an dem Anblick erfreuen. Das ist nicht selbstverständlich, denn nach dem Krieg lag die Stadt in Trümmern, die Gebäude waren fast vollständig zerstört. Ein Großteil konnte jedoch nach historischer Vorlage detailgetreu rekonstruiert werden, was zu dem schönen Stadtbild führte, das wir heute bestaunen.
Eine Stadt, die zum Flanieren einlädt
Ja, man kann den Blick generell sehr gut schweifen lassen, während man durch die Straßen flaniert. Besonders beliebt ist dabei die Frauengasse, auf Polnisch Ulica Mariacka, die gerne auch als schönste Gasse Danzigs bezeichnet wird. Von dem Fluss Mottlau (Motława) kommend, führt sie einen über Kopfsteinpflaster Richtung Marienkirche. Links und rechts erheben sich die Bürgerhäuser mit ihren schmalen Terrassen, die die ursprüngliche Straßenbebauung gut erkennen lassen. Heute gibt es (in erster Linie wohl für die vielen Tourist*innen) kleine Stände am Straßenrand, an denen Bernstein-Schmuck und andere Souvenirs verkauft werden.
Die besagte Marienkirche – auf der Landessprache unkompliziert als Bazylika konkatedralna Wniebowzięcia Najświętszej Maryi Panny bezeichnet – ist eine der größten Hallenkirchen weltweit und war bis 1945 auch die zweitgrößte evangelisch-lutherische Kirche. Von außen ist aber vor allem ihr Backsteinbau auffallend, für den sie mindestens so bekannt ist. Auf dem folgenden Foto ist er schon zu erahnen.
Von Mühlen und Museen
Spannend fand ich auch den Bau bzw. das Dach der Großen Mühle in Danzig. Sie wurde 1350 erbaut und war an die 600 Jahre lang in Betrieb – bis zum Zweiten Weltkrieg, als sie ausbrannte. In den 1960ern wurde sie grundlegend renoviert und bis vor einigen Jahren befand sich ein Einkaufszentrum in dem Gebäude. Für dieses Jahr ist geplant, dass die Mühle als neuer Sitz des Bernstein-Museums eingeweiht werden soll.
Apropos Museum. Ziemlichen Trubel gab es um das Museum des Zweiten Weltkriegs. Mit einer wichtigen Botschaft gestartet, wurde es mittlerweile quasi von der PiS-Regierung übernommen. Schon während seiner Konzeption stand es politisch in der Kritik. So wollte Gründungsdirektor Paweł Machcewicz mit dem Museum ursprünglich auf die Leiden der Zivilbevölkerungen aufmerksam machen, die Geschichte im gesamten europäischen Kontext darstellen. Für manch einen ist das offensichtlich eine falsche Art zu erinnern. Denn Machcewicz wurde kurz nach der Eröffnung 2017 entlassen und die Ausstellung mehr in die Richtung gelenkt, die der PiS-Regierung in den Kram passt: die Opferrolle Polens in den Vordergrund stellen und mit dem Museum und der Geschichtspolitik generell vor allem den Patriotismus fördern. Puh. Das Museumsgebäude selbst, den 40 Meter hohen Kubus, darf man neben all dem Mist natürlich trotzdem würdigen.
Pieroggi, Pieroggi, Pieroggi
DIE Empfehlung für Danzig, die hier auf keinen Fall fehlen darf, ist die Pierogarnia Mandu. Das Restaurant bietet traditionelle Pierogi (gefüllte Teigtaschen) und eine große Auswahl an sehr, sehr leckeren veganen Varianten. Unten im Bild ist eine Variante mit Kichererbsen, getrockneten Tomaten, Haselnüssen und Petersilie zu sehen, getoppt mit Zwiebeln und umhüllt von Teig mit schwarzem Kreuzkümmel. Dazu gab es einen frischen Karotten-Apfel-Salat und hausgemachte Limonade. Neben vielen herzhaften, gekochten oder frittierten Teigtaschen gibt es übrigens auch süß gefüllte, unter anderem mit Karotten und Erdnussbutter. Ein Traum in Teig, ich sag’s euch! Wir waren nur eineinhalb Tage in Danzig, haben zweimal in der Pierogarnia vor Ort gegessen und uns zwei Portionen für die Rückreise mitgenommen. Ich denke, das sagt alles.
Entspannen am Strand in Sopot
Wenn man schon in Danzig ist, lohnt sich ein kleiner Abstecher, denn nicht weit entfernt liegt die Stadt Zoppot (Sopot). Mit dem Regionalzug braucht man gerade mal eine Viertel Stunde von Bahnhof zu Bahnhof. Und genauso schnell ist man auch schon am Strand. Zoppot ist ein Bade- und Kurort an der polnischen Ostsee, der von zahlreichen Tourist*innen vor allem zur Erholung aufgesucht wird. Strand und Promenade sind (zur Hochsaison) zugegeben etwas überlaufen, aber mit etwas Glück oder Geduld findet man auch hier ein ruhiges Plätzchen, kann die Füße in den Sand schieben und den Meeresblick genießen.
Das war sie, meine einzige kleine Reise in 2020, aber auch eine sehr schöne. An welche Orte hat es euch letztes Jahr verschlagen? Ich freue mich von euch zu lesen!
Übrigens: Wenn ihr im deutschsprachigen Raum wohnt, bin ich fast sicher, dass ihr gut mit dem Zug nach Danzig kommt. Klar, aus den östlichen Bundesländern geht es schneller (und in denen ist ein Ausflug nach Polen oft gar keine große Sache), aber auch aus NRW oder Bayern muss man bei der Entfernung ins Nachbarland nicht fliegen. Insbesondere weil wir das dem Klima nicht auch noch antun sollten. Gleichzeitig ist das Reisen mit dem Zug aus weiteren Gründen meistens die bessere Idee.
Macht’s gut und bleibt gesund!
Hey, das liest sich echt gut – so gut, dass Danzig auf meiner Reisezieleliste nach oben wandert! 🙂
Viele Grüße, Sandra
Danke, liebe Sandra, das freut mich! Ich finde Danzig wirklich eine schöne Stadt. Hast du es letztes Jahr irgendwohin geschafft? 🙂