Hallo zusammen! Im November habe ich mich auf ein kleines Abenteuer eingelassen. Ich wollte meine Familie in Bulgarien besuchen, aber nicht wieder fliegen. Die letzten Reisen haben meinen ökologischen Fußabdruck ordentlich vergrößert. Und neben der Tatsache, dass bei meinen 1,50 m größere Füße merkwürdig aussehen, lassen sie sich auch nicht mit meinem Gewissen vereinbaren.
Eine erste Recherche hat dann schnell gezeigt: Europa kann sich mit seinem Zug- und Bus-Streckennetz wirklich sehen lassen. Im Großen und Ganzen haben wir die Möglichkeit, ziemlich fix von A nach B zu kommen (Und auch wenn viel über die Deutsche Bahn gemeckert wird: Es muss eine wahnsinnige Organisation sein, dass so viele Züge non stop hin und her und quer durchs Land fahren, dass ich es ziemlich beeindruckend finde, wie häufig alles glatt läuft). Nachdem die Optionen der Fortbewegung geklärt waren, gingen noch ein paar Nachrichten an meine Freunde in unterschiedlichen Städten, die mir liebenswerterweise eine Unterkunft anbieten konnten. Dann stand meine Route fest: Köln – Nürnberg – Regensburg – Wien – Budapest – Sofia, mit längeren Aufenthalten in Nürnberg und Budapest. Begleitet wurde ich die ganze Zeit über von wunderbarem Herbstwetter, bis in Bulgarien schließlich der Winter eingebrochen ist.
Entlang der Donau
Bis nach Budapest verlief die Reise sehr entspannt und (fast) nach Plan. Die Deutsche Bahn und die ÖBB (Österreichische Bundebahnen) haben mich zuverlässig und bequem bis in die ungarische Hauptstadt gefahren und das in nur sechs Stunden (von Regensburg aus). Ein Pluspunkt beim Zugfahren: Man sieht etwas von der Umgebung und kann sich dadurch viel bewusster machen, was für eine Strecke man eigentlich zurücklegt – sowohl im Sinne von Entfernung als auch geografisch. Die 650 km bis Budapest schlängeln sich an der schönen Donau entlang, ein Fensterplatz lohnt sich. Die Strecke wird übrigens aufgrund ihrer geschichts- und kulturträchtigen Orte an der Donau auch als Straße der Kaiser und Könige bezeichnet. Sie kann auch mit dem Schiff, Auto, dem Fahrrad oder auch zu Fuß entdeckt werden, wenn man „Der Weg ist das Ziel“ wörtlich nehmen möchte und etwas Zeit mitbringt.
Aber zurück zum Zugfahren. Ein weiterer Vorteil ist, dass es ausreicht, fünf Minuten vor Abfahrt am Bahnhof zu sein (anstatt eineinhalb Stunden vor Abflug) und ich mir die ewigen Pass- und Gepäckkontrollen am Flughafen spare. Apropos Gepäck: In Zügen nimmt mir niemand meine Tasche weg, weil sie zwei Zentimeter zu groß für den Stauraum ist, und generell darf ich auch fünf Taschen mitnehmen ohne zuzahlen zu müssen. Denn im Zug ist sehr viel mehr Platz. Und zwar nicht nur für Gepäck, sondern auch für die eigenen Beine.
Zeit für die schönen Dinge
Ebenso hat man sehr viel mehr Zeit. Und das kann erst mal ganz schön ungewohnt sein. Soll ich mich jetzt etwa zurücklehnen und aus dem Fenster schauen? Oder gar ein Buch lesen? Gezwungen sein, sich mit „langsamen“ Dingen zu beschäftigen, ist vielleicht gar nicht mal so schlecht, wenn doch im Alltag alles schnell gehen muss. Natürlich sollte auch im Alltag Zeit für Entspannung sein, aber wie oft gönnen wir uns tatsächlich solche Pausen? Ich habe während meiner Reise ein ganzes Buch gelesen, das ich sonst über Wochen nur Stück für Stück geschafft hätte.
Allgemein habe ich das Gefühl, dass Menschen im Zug entspannter sind als im Flugzeug. Neben der Hektik und dem Gedrängel, sehe ich bei fast jedem Flug Personen, die nervös wirken – vielleicht, weil man sich in einem fliegenden Kasten 12 km über dem Erdboden befindet. Auch Babys und Kleinkindern scheint das Fahren weniger auszumachen als das Fliegen. Im Zug kann besser gespielt und getobt werden, ohne Druck in den Ohren. Das ist nur mein Eindruck, die professionelle Einschätzung überlasse ich hier den erfahrenen Eltern unter euch.
Der Umwelt zuliebe
Am wichtigsten ist für mich jedoch der Ausgangspunkt meiner Reise: unsere Umwelt nicht noch mehr zu belasten. Ich produziere möglichst wenig Müll, vermeide Plastik und neue Produkte, ernähre mich vegetarisch und immer mal (Update 2019: komplett) vegan. Beim Reisen aber kann ich noch einiges ändern (Wenn ihr herausfinden wollt, wie groß euer ökologischer Fußabdruck ist, könnt ihr ihn hier berechnen lassen). Fliegen ist die klimaschädlichste Art der Fortbewegung. Für die gleiche Strecke wird durch ein Flugzeug im Vergleich zum Zug knapp 10 x mehr CO2 pro Kopf ausgestoßen. Zusätzlich haben auch die anderen Stoffe, die durch die Kerosinverbrennung beim Fliegen entstehen (z.B. Stickoxide), eine stärkere Treibhauswirkung, denn sie werden in der Höhe langsamer abgebaut.
Sicher kann nicht jeder Flug vermieden werden, zumindest aber innerhalb Deutschlands. Denn am meisten CO2 wird beim Start und der Landung freigesetzt, bei einem Flug von einer halben Stunde lohnt sich das also so gar nicht. Ist man für den Urlaub aufs Fliegen angewiesen, sollte man nach Möglichkeit statt mehrmals für kurze Zeit einmal länger verreisen. Zudem gibt es die Option, seinen Flug zu kompensieren, indem ein zusätzlicher Beitrag (der anhand der CO2-Emission des Fluges errechnet wird) an ein Klimaschutzprojekt gespendet wird. Einerseits paradox, der Umwelt „bewusst zu schaden“ und gleichzeitig umweltschützende Projekte zu fördern, andererseits ist das wohl besser als zweiteres ganz zu lassen.
Am umweltfreundlichsten ist es natürlich, gar nicht zu fliegen. Man kann sich also bei der Reiseplanung zumindest fragen: Ist ein Flug wirklich nötig? Welche Alternativen gibt es? Häufig liegen in der näheren Umgebung schon Orte, die es sich zu besuchen lohnt und die mit Radtouren oder Bus und Bahn gut zu erreichen sind. Und dann bringen diese nachhaltigeren Reisen auch noch viele Vorteile mit sich. Also warum nicht mal ausprobieren?
Nicht immer leicht
Ein großer Haken: Wenn ich sehe, dass eine Zugfahrt 140 Euro kostet und das Flugticket für die gleiche Strecke 29 Euro, dann verstehe ich jeden Menschen mit einem durchschnittlichen Einkommen sehr gut, der sich für den Flieger entscheidet. Hier könnte uns und der Umwelt zum einen der Fernverkehr entgegenkommen, zum anderen sollten die Fluggesellschaften ihre Tickets zu weniger abartig günstigen Preisen anbieten. Inwiefern wir allerdings Einfluss darauf haben, lässt sich sicher lange diskutieren.
Nachdem ich übrigens in Budapest angekommen bin und dort ein paar Tage verbracht habe, ging es mit dem Bus über Nacht weiter nach Sofia. Abgesehen davon, dass ich wegen der Grenzkontrollen (gilt nur für Länder außerhalb des Schengen-Raums) nicht durchschlafen konnte, hat auch hier alles problemlos funktioniert. Jedoch sollte man zugegeben (bei bestimmten osteuropäischen Buslinien) keine zu hohen Ansprüche auf Luxus haben (immer funktionierendes Wlan, Superpünktlichkeit und -komfort). Für unkomplizierte und eher lockere Menschen kann ich aber auch diese Busse durchaus empfehlen.
Und was meint ihr? Wie groß ist euer Fußabdruck? Schreibt gerne über eure Erfahrungen, was nachhaltiges Reisen betrifft. Ich freue mich über jede Meinung und jeden Austausch. Das Thema liegt mir sehr am Herzen und geht uns alle an. Im nächsten Beitrag gibt es dann etwas leichtere Kost mit Eindrücken aus Budapest.
Macht es gut!
Thank you for another great article dear cousin! I must say I also prefer the train – more confort, less pain before boarding, great views, you are actually on Earth … (a plus for us uneasy flyers). The only setback is timing – sometimes it is just too long a journey to get from point A to point B. But of course we should try to do it this way as much as possible. Especially for the ecological reason. Every action and steps counts <3
I agree. I think we have to set the right priorities and step by step we will get used to them. For example to accept that it takes more time to go by train which actually is not that bad sometimes 🙂
Wenn ein paar mehr Menschen sich Gedanken ueber unsere Unwelt machen werden, zum Beispiel deine Leser, dann hat sich schon deine Artikel schon gelohnt. Vielen dank dafuer!
Das hoffe ich. Lieben Dank! 🙂
Danke für Deine Gedanken und Deine Reisebeschreibung Alex.
Ich finde es richtig und wichtig sich Gedanken über unsere CO2-Fussabdrücke zu machen und diese sinnvoll zu begrenzen. Vor allem nach diesem ungewöhnlich heissen Sommer…
Ich werde auch wieder eher Bahn fahren als zu fliegen, obwohl ich am liebsten von A nach B beamen würde. Es stimmt schon, die Veränderung der im Zug vorbeifliegenden Landschaft zu sehen hat seinen Reiz und macht die zurückgelegte Entfernung sichtbarer.
Liebe Grüsse, Jutta
Liebe Jutta, ganz herzlichen Dank für deinen Kommentar! Ich habe während des Schreibens tatsächlich auch ans Beamen gedacht 😀 Falls das irgendwann irgendwie möglich sein sollte, muss dafür aber bestimmt auch wahnsinnig viel Energie aufgewendet werden, oder? Ich weiß also gar nicht, wie nachhaltig das wäre, aber kenne mich auch gar nicht aus 😀
Grüße aus dem Zug,
Alex
Ja, da hast Du recht Alex, beamen ist vermutlich nicht nachhaltig und CO2-neutral vorstellbar… Liebe Grüsse, Jutta
Hi. Finde Deine Entscheidung super. Und man lernt mehr beim Reisen selber kennen.
Liebe Grüße
Nina
Danke für deinen Kommentar, Nina! Da hast du recht! 🙂
Liebe Grüße zurück
Alex