Paris, Frankreich
Habt ihr auch eine romantische Vorstellung von Paris? Kleine Cafés an der Straße, an der Menschen très chic an ihrem Milchkaffee nippen, während andere fröhlich pfeifend vorbeispazieren und frische Baguettes in ihrem geflochtenen Einkaufskorb nach Hause tragen? Tatsächlich werden an vielen Ecken die Klischee-Bilder der französischen Hauptstadt sichtbar, eine fabelhafte Welt à la Amélie herrscht jedoch auch dort nicht.
Ich habe mich letzten Monat auf den Weg gemacht, um meine Cousine zu besuchen und meine völlig verwaschene Vorstellung von Paris von vor 10 Jahren zu klären. Mit dem Thalys-Express fahre ich von Köln über Brüssel nach Paris. In gemütlichen Sitzen, innerhalb von nur dreieinhalb Stunden und für schlappe 35 Euro – der Junior-Preis für alle unter 26-Jährigen. Zumindest ist die Fahrt ein Schnäppchen, denke ich mir und stelle mich auf ein weitaus teurer werdendes Wochenende ein.
Kultur und Kulinarik
Und dann bin ich doch positiv überrascht. Der Besuch zahlreicher (staatlicher) Museen, Galerien und anderer Einrichtungen, die zu den wichtigsten Sehenswürdigkeiten der Stadt gehören, ist für junge Leute (bis einschließlich 25 Jahre und die nachweislich EU-Bürger sind) kostenlos. Dazu gehören unter anderem der Louvre, das Centre Pompidou und der Arc de Triomphe. Bereits von außen sind diese Bauten beeindruckend. Und auch wenn einige Touristen nur schnell für ein Selfie anhalten, verspreche ich, dass es sich lohnt, auch das Innere zu besuchen. Allein für den Louvre sollte dabei ein Tag eingeplant werden, vorausgesetzt man möchte nicht nur fix die Mona Lisa begrüßen. Interessierte können auf einer Fläche von über 60.000 m² (!) Kunst aus aller Welt bestaunen, angefangen mit Altertümern aus dem Nahen Osten aus 7.500 v. Chr. über Werke von Michelangelo und Delacroix bishin zu Druckgrafiken aus dem 19. Jahrhundert.
Ebenfalls kostenlos für Leute bis 25 ist ein Rundgang über die Türme von Notre Dame – inklusive Blick auf Paris aus Quasimodos Perspektive. Wen kribbelt es da nicht in den Fingern, um mit Inbrunst den passenden Disney-Song über die Dächer der Hauptstadt zu gröhlen? Was Kultur angeht, können interessierte junge Menschen also ordentlich sparen. Sprich, wenn ihr Anfang, Mitte 20 seid und noch nicht in Paris wart, lohnt sich ein Besuch jetzt noch ganz besonders (#notsponsored).
Wenn ich schon da bin
Möchte man sich außerhalb von Kunst und Kultur etwas gönnen, muss man dann aber wohl oder übel doch noch tief in die Tasche greifen. Eine Kugel Eis kostet gerne mal 3 Euro (wobei ich hier an die 3,40-Kugel in Helsinki erinnere) und täglich auswärts essen ginge nur, wenn man sich von Snacks ernährt. Aber bitte nicht von Macarons, denn die kann man sich – obwohl sie so groß sind wie ein Stück Rosenkohl – auch nicht ständig leisten. Damit möchte ich nicht behaupten, dass diese Sachen ihren Preis nicht wert sind. Das Handwerk der Pâtissiers ist durchaus eine Kunst! Und deswegen sollten die original französischen Köstlichkeiten natürlich auch probiert werden, wenn man schon in Frankreich ist.
Auch Klassiker wie Crêpes, Croque Monsieur und Soupe à l’oignon (Zwiebelsuppe) gehören eben dazu und schmecken en France mit Sicherheit anders als auf dem Street Food Festival nebenan. Übrigens scheint die gute alte Stulle in Paris einen hohen Stellenwert zu haben. Zurecht. Mit Tomate und Käse überbacken oder etwas hipper als Avocado-Brot steht sie in vielen Cafés als „Toast“ auf der Speisekarte.
Die andere Seite
Ich schlemme mich also durch die wirklich gute französische Küche und wandere von einem klassischen Touri-Punkt zum nächsten. Damit bin ich eine von vielen Millionen, die Paris jährlich besichtigen. Die Stadt gehört weltweit zu den meistbesuchten. Entsprechend haben einige Menschen in Frankreich schon vor Längerem einen neuen Markt für sich entdeckt: An jeder ansatzweise bekannteren Ecke kommen Leute auf mich zu, die zum Teil ziemlich aufdringlich mit Eiffelturm-Schlüsselanhängern klimpern (Kauft tatsächlich irgendjemand diese Dinger?) oder Wasserflaschen für „One Euro, One Euro!“ verkaufen. Bei einer typischen Sightseeing-Tour sind diese Begegnungen unvermeidbar.
Während ich abends entspannt auf der Wiese vor dem Eiffelturm, dem Champ de Mars, sitzen und die Sonne untergehen sehen möchte, kommen im Minutentakt weitere „Getränkehändler“. Am Ende des Tages sind sie allerdings zu Alkoholhaltigem übergegangen und versuchen, Bier, Sekt, Wein und Co. loszuwerden. „Entspannt“ ist das nicht wirklich. Dass Touristen davon genervt sind, ist dabei jedoch nur eine Seite der Medaille. In der Regel sind es Einwanderer, die versuchen, sich durch den Handel über Wasser zu halten. Nach einem langen Tag in der prallen Sonne fahren vermutlich viele zurück in die Pariser Vororte, in denen sicherlich nicht die heile Welt aus Milchkaffee und Macarons herrscht. Auch das ist Paris.
Auch wenn es niedliche Cafés, farbenprächtige Blumenläden und hübsche Gassen gibt, in denen ich mich immer wieder gern verlaufe: Paris ist – Überraschung – längst nicht so romantisch, wie es Hollywood-Filme vorgeben (und, zugegeben, die meisten meiner Fotos zeigen). Es ist eine Großstadt mit ihren schönen und weniger schönen Seiten. Solange man sich dessen bewusst ist, spricht nichts dagegen, einen Ausflug in die französische Hauptstadt zu machen und Kunst und (Küchen-)Kultur zu genießen, die es dort tatsächlich nur einmalig gibt.
Hallo Alex, sehr schöner Text. Schau mal hier mein letztes Paris-Erlebnis:
https://tischgespraech.blog/2016/10/04/zum-essen-in-paris/
Klaus
Hallo Klaus, ganz lieben Dank für den Link! Ich schaue direkt mal vorbei 🙂
Viele Grüße
Alex
Romantisch, schön, stressig, alles sehr subjektiv. Hauptsache man fühlt sich wohl!
Diese „Geschäftsleute“ würden mich auch nerven, aber so ist das eben.
Sehr gute , informative Artikel und super Fotos!!
Wahrscheinlich muss man Ferness komplett romantische Paris Abenteuer Edith Piaff auf Dauerschleife hören ? toller Post, ich fühle mich als wäre ich gerade nicht in Cambridge sondern auch in Paris! Die Fotos sind auch echt toll geworden!
Liebe Grüße
Sophie
Liebe Sophie, danke für deine lieben Worte! 🙂
Oh ja, mit Edith Piaf in den Ohren wirkt der Champs-Élysées mit Sicherheit auch gleich weniger voll und laut und dafür etwas mehr „en rose“ 😉
Schön, dass ich dich mit den Fotos kurz nach Paris entführen konnte. Hab noch eine gute Zeit in Cambridge 🙂
Liebe Grüße, Alex